Party Party Party oder der Fluch der Repetition
Hey Hey Hey oder Repetition des Gewöhnlichen
Perfect Party or the Misery of the Extraordinary
Party Party Yeah Yeah (Que sera sera, whatever will be will be)
Der vierzeilige Titel ist kein Unfall. Kein Unfall. Kein Unfall. Sehen wir doch eine Ausstellung von vier Künstlerinnen die sich mit der Frage der Wiederholung befassen, künstlerische Positionen, die von Discokugeln und nicht funktionierenden Schallplattenspielern über Fliesen-Graffito und nüchternen Tapeten bis zum Vorhang als repetitives Objekt reichen.
Repetition, so lernen wir von Hoffmann, ist Poetik der (ziellosen) Wiederholung, ein Kreisverkehr, der aus der Zukunft eine Vergangenheit macht :
„Die Poetik der ziellosen Wiederholung […] der absurden Beschleunigung in eine Wiederkehr des Immerselben, ein Kreisverkehr, der aus der Zukunft eine Vergangenheit macht, offeriert das Sinnbild des dynamischen Stillstands, aber auch eine Utopie außerhalb der Verwertungslogik und – als Kritik einen Ausweg aus der Alternativlosigkeit, die in den letzten Jahr(zehnt)en so oft bemüht wurde.“ [1]
Die Frage, wie Poetik der Wiederholung konkret aussehen könnte, wird in der Ausstellung figurativ, aber auch wortwörtlich in den Raum gestellt. Es geht um die Wiederholung der Wiederholung (Karin Maria Pfeifer und Sula Zimmerberger), dem wiederholten Versuch des Strebens nach Perfektion (Lola Pfeifer) und des Produktivem in der Wiederholung (Joanna Schulte).
Party Party Party oder produktive Repetition
Joanna Schulte zeigt unter anderem ihr Werk blaupunkt, in dem eine Videoprojektion von einer Vintage-Kommode mit an der Unterseite montierter Diskokugel sowie ein Plattenspieler zu sehen sind. Die Nadel ist manipuliert und spielt nur einen Loop aus der Single „Give me your love” von Frank Duval. Joanna Schulte spielt hier mit Wiederholung als neuen Sound kreierenden Startpunkt, so schreibt Jennifer Bork über Schulte :
„Die Mischung aus einfachen Alltagsmaterialien einer vergangenen Zeit und die Anwendung von zeitgenössischen Kulturpraxen wie dem Sampling und dem Remix prägen Joanna Schultes künstlerischen Ansatz des Zeitebenen-Clashs.“
Das Werk schafft einen surreale Party-Situation mit Discokugel und immer wieder abgespielten Sound – der eben genau durch die Wiederholung produktiv den/die Betrachter*in zum Hören und vielleicht gar zum Tanz einlädt.
Perfect Party or the Misery of the Extraordinary
Auch bei Lola Pfeifers Werk it’s perfect. no mold, geht es um Wiederholung und insbesondere um wiederholte Perfektion. Die Künstlerin stellt dem Drang des Schlichtens und Ordnens die Verwundbarkeit des menschlichen Körpers gegenüber. Ihr Code dazu sind Halteschlaufen, wie man sie aus öffentlichen Verkehrsmitteln kennt, einerseits als Stapel exakt nachmodellierte dreidimensionale Kopien aus echtem Marmor, andererseits als aufgefädelte Originalstücke aus der U-Bahn. Dabei sieht nicht alles so perfekt aus, wie es sein könnte - der Stapel ist schief, die U-Bahn-Schlaufen gehören eigentlich nicht aufgefädelt, womit Lola Pfeifer die Suche nach Perfektion symbolisiert. In dem das Kunstwerk ergänzenden Text hört man den dazu gehörenden verzweifelten inneren Monolog :
„Ich hasse Stapeln, und Zusammenlegen. Was ironisch ist. Weil es eben fast perfekt ist. Wer mag das nicht. Ich mag ja auch die Perfektion. Ich versuche die Perfektion. Blöd nur, dass das nicht funktioniert. Immer ist etwas schmutzig. Nicht schlimm, nicht schlimm. Faust machen, Finger dehnen. Faust machen. Finger zusammen dehnen. Dann einzeln dehnen.“
Party Party Yeah Yeah (Que sera sera, whatever will be will be)
Seit neustem gibt es für Perfektion auch ein perfektes Adjektiv : pelé, das im Portugiesischen „außergewöhnlich“ bedeutet, angelehnt an den Fußballer gleichen Namens – eines Fußballers aus der Vergangenheit
„Das Attribut „pelé“ bedient die ideologisch verankerte Glorifizierung des Außergewöhnlichen, Unvergleichlichen, Einzigartigen […] [Es] birgt aber zugleich etwas Tröstliches, Besänftigendes, Hoffnungsfrohes. Erinnert doch das Wort unmittelbar an den Menschen, von dessen Namen es abgeleitet ist, und konnotiert somit sozialen Aufstieg : Pelé, das war der Junge aus ärmlichen Verhältnissen, der es schaffte, sich als international gefeierte Größe seines Fachs zu etablieren. Aber Pelé stammte aus einer vergangenen Epoche, und so umgibt das homonyme Adjektiv ein Hauch von Nostalgie oder der Sehnsucht nach einer Zeit, in der die Dinge einfacher zu begreifen schienen und Lebensentwürfe vermeintlich leichter zu verwirklichen waren.“[2]
Es ist diese Sehnsucht nach der Repetition und Rückkehr einer scheinbar geordneten, klar strukturierten Zeit, die in der rezenten Weltenordnung selten erreichbar scheint, die bei Karin Maria Pfeifer in den Fokus gerückt wird. Die Wiederholung der Wiederholung wird sichtbar in dem Zeichnen des sich wiederholenden Musters der Tapete, begleitet von dem rhythmischen Blinken einer auf dem Boden liegende Deckenlampe. Karin Maria Pfeifer fragt nach der Nostalgie und Sehnsucht der Wiederholung (siehe Pelé), andererseits aber eben auch nach dem Verrücken und Negieren dieser zeitlichen Abfolge.
„Es gibt nicht die eine lineare Temporalität, es gibt nur Temporalitäten, verschiedene Zeitlichkeiten zwischen Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft und Räumen, die sich begegnen, überlagern, verschieben.“
Hey Hey Hey oder Repetition des Gewöhnlichen
Sich nicht zu entscheiden, bedeutet überraschenderweise, dass man sich nicht nur gegen alles, sondern auch für etwas entscheidet - nämlich für eine Wiederholung des schon Dagewesenem. Sula Zimmerbergers Werk arbeitet wortwörtlich mit solch einer Wiederholung, sind doch mehrere Vorhänge in Serie nebeneinander präsentiert. Ohne Kontext scheinen die Falten der Vorhänge mehr Ähnlichkeiten als Unterschiede zu haben, gleichzeitig wird bei genauerer Betrachtung jeder noch so kleiner Unterschied mehr auffallen, als grobe Störungen in der Wiederholung. Durch Zimmerbergers Wiederholen eines an sich oft betrachteten Objekts wird das Gewöhnliche zum Außergewöhnlichen gemacht, mit Bedeutung befüllt und und somit vielschichtiger als der Stoff, den die Fotografien abbilden.
Patterns, party, perfection and pelé ?
Eine Aufzählung mit Alliteration scheint für eine sich mit Wiederholung befassende Ausstellung ein guter Schlussstrich. Es bleibt nun nur noch die Frage offen, ob man den Bogen von der Wiederholung zum Außergewöhnlichen überhaupt schlagen muss, oder ob diese beiden denn vielleicht doch näher beieinanderstehen als sich auf den ersten Blick erschließt. In diesem Sinne wird die Frage an die/den Rezipient*in weitergereicht : Patterns, party, perfection oder einfach nur ein bisschen pelé ?
Immanence Paris
[1] Hoffmann, Anke. „Du sagst, ich wiederhole mich.1 Zeitlichkeitslogiken und ihre Unterbrechungen (in der Kunst)“. Kunstforum post-futuristisch. Kunst in dystopischen Zeiten, Nr. 267 (o. J.): 164–73.
[2]Hübl, Michael. „Alles ‚pelé‘, oder was?“ Kunstforum Mixed Realities, Nr. 290 (2023): 40–43.